Donnerstag, 28. Juli 2011

Kapitel 4. Sallust. Bellum Iugurthinum : lateinisch-deutsch. Der Krieg mit Jugurtha.


[4] Ceterum ex aliis negotiis, quae ingenio exercentur, in primis magno usui est memoria rerum gestarum.

Im Übrigen ist von den anderen Beschäftigungen, die mit dem Geist ausgeübt werden, vor allen Dingen die Erinnerung an die Taten von großem Nutzen.


Cuius de virtute quia multi dixere, praetereundum puto, simul ne per insolentiam quis existimet memet studium meum laudando extollere.

Weil schon viele Leute über deren Vorzüge gesprochen haben, glaube ich, dies übergehen zu müssen, zumal damit nicht einer glaubt, dass ich durch Loben mein eifriges Bemühen verschwenderisch herausgebe.
Atque ego credo fore qui, quia decrevi procul a re publica aetatem agere, tanto tamque utili labori meo nomen inertiae imponant, certe quibus maxima industria videtur salutare plebem et conviviis gratiam quaerere. 
Ich glaube, dass es Leute geben wird, die, weil ich beschlossen habe mein Leben fern von der Politik zu verbringen, meiner so großen und so nützlichen Arbeit den Namen der Trägheit geben, dass es Leute geben wird, denen es gewiss als höchster Fleiß erscheint, das Volk zu begrüßen und durch Festessen Beliebtheit zu erlangen. 
 

Qui si reputauerint, et quibus ego temporibus magistratus adeptus sum [et] quales viri idem assequi nequiverint et postea quae genera hominum in senatum pervenerint, profecto existimabunt me magis merito quam ignavia iudicium animi mei mutavisse maiusque commodum ex otio meo quam ex aliorum negotiis rei publicae venturum. 
Wenn diese nachgedacht haben werden, sowohl zu welchen Zeiten ich Ämter erlangt habe, als auch was für Männer dasselbe nicht erreichen konnten, als auch welche Art von Menschen später in den Senat gelangten, werden sie in der Tat urteilen, dass ich mehr aus Würdigkeit als aus Bequemlichkeit meine Gesinnung geändert habe, und dass aus meiner politischen Untätigkeit für den Senat ein größerer Nutzen erwachen wird als aus der politischen Betätigung der Anderen.

Nam saepe ego audivi Q. Maximum, P. Scipionem, praeterea civitatis nostrae praeclaros viros solitos ita dicere, cum maiorum imagines intuerentur, vehementissime sibi animum ad virtutem accendi.
Ich habe nämlich schon oft gehört, daß Quintus Maximus und Publius Scipio und auch andere berühmte Männer unseres Staates immer wieder folgendes ausgesprochen haben: Wenn sie die Bilder ihrer Ahnen anschauten, würden sie in ihrem Inneren aufs stärkste zur Tatkraft entflammt.
 


Scilicet non ceram illam neque figuram tantam vim in sese habere, sed memoria rerum gestarum eam flammam egregiis viris in pectore crescere neque prius sedari, quam virtus eorum famam atque gloriam adaequauerit. 
Selbstverständlich bringe nicht das Wachs und nicht das Bildnis eine solche Kraft mit sich, sondern diese Flamme lodere bei der Erinnerung an geschichtliche Leistungen im Herzen außergewöhnlicher Männer empor und verglimme nicht eher, als bis die eigene Tüchtigkeit den Ruf und Ruhm der Vorfahren erreicht habe.


At contra quis est omnium his moribus, quin divitiis et sumptibus, non probitate neque industria cum maioribus suis contendat? 
Welchen Gegensatz bilden hier die jetzigen sittlichen Auffassungen! Sucht da nicht jeder seine Vorfahren zu überbieten im Reichtum und im Aufwand, keiner aber in der Redlichkeit und Strebsamkeit?

Etiam homines novi, qui antea per virtutem soliti erant nobilitatem antevenire, furtim et per latrocinia potius quam bonis artibus ad imperia et honores nituntur; proinde quasi praetura et consulatus atque alia omnia huiusce modi per se ipsa clara et magnifica sint ac non perinde habeantur, ut eorum qui ea sustinent virtus est.

Auch “neue Männer”, die früher den Adel an Tüchtigkeit zu übertreffen pflegten, strebten eher nach Art von Dieben und Räubern als mit rechten Mitteln nach Führungsposten und Ehrenämtern, gerade als ob die Prätur und das Konsulat und alle anderen derartigen Ämter an sich schon etwas Glanzvolles und Großartiges wären und nicht vielmehr nach der Tüchtigkeit der betreffenden Amtsträger bewertet würden.


Verum ego liberius altiusque processi, dum me civitatis morum piget taedetque.
Doch habe ich schon zu freimütig geäußert und bin schon zu weit gegangen bei meinem Abscheu und Eckel vor dem sittlichen Zustand des Staates.

Nunc ad inceptum redeo.  
Jetzt kehre ich zu meinem Gegenstand zurück.
 

 








Kapitel 3. Sallust. Bellum Iugurthinum : lateinisch-deutsch. Der Krieg mit Jugurtha.


[3] Verum ex iis magistratus et imperia, postremo omnis cura rerum publicarum minime mihi hac tempestate cupienda videntur, quoniam neque virtuti honor datur neque illi, quibus per fraudem iis fuit uti, tuti aut eo magis honesti sunt.
Vor diesen scheinen mir wahrlich die Ämter und die Herrschaften, schließlich alle Sorgen um die öffentlichen Angelegenheiten in diesem Sturm keineswegs begehrenswert, weil weder die Ehre der Tugend noch jenen gegeben wird, welche durch Betrug diese (Ämter) benutzen, die sicherer oder ehrensvoller sind.


Nam vi quidem regere patriam aut parentis, quamquam et possis et delicta corrigas, tamen importunum est, cum praesertim omnes rerum mutationes caedem, fugam aliaque hostilia portendant.
Es ist dennoch rücksichtslos, nämlich mit Gewalt wenigstens das Vaterland und die Untertanen zu regieren, obwohl du es sowohl könntest, als auch die Fehler berichtigen würdest, zumal alle Veränderungen der Dinge, Ermordung, Flucht und andere Feindseligkeiten ankündigen.


Frustra autem niti neque aliud se fatigando nisi odium quaerere extremae
dementiae est; nisi forte quem inhonesta et perniciosa libido tenet potentiae
paucorum decus atque libertatem suam gratificari. 

Es zeugt jedoch von äußerstem Wahnsinn, sich anzustrengen, um den Hass mit nichts weiter, als der eigenen Ermüdung zu erwerben, wenn nicht zufällig die unehrliche und verderbliche Lust irgendwen verleitet, der Macht der wenigen die Ehre und seine Freizeit freudig zu opfern.
 



Kapitel 2. Sallust. Bellum Iugurthinum : lateinisch-deutsch. Der Krieg mit Jugurtha.


[2] Nam uti genus hominum compositum ex corpore et anima est, ita res cuncta studiaque omnia nostra corporis alia, alia animi naturam secuntur.
Denn wie das Geschlecht der Menschen aus Körper und Seele zusammengelegt ist, so werden die ganzen Dinge und all unsere Bemühungen des Körpers durch die eine, das Wesen der Seele durch die andere folgen.

Igitur praeclara facies, magnae divitiae, ad hoc vis corporis et alia omnia huiusce modi brevi dilabuntur; at ingeni egregia facinora sicuti anima immortalia sunt. 
Also vergehen schönes Aussehen, große Reichtümer, dazu die Kraft des Körpers und alles andere derartige in kürzester Zeit, aber die ehrenvollen Taten der Begabung sind wie die Seele unsterblich. 

Postremo corporis et fortunae bonorum ut initium sic finis est, omniaque orta occidunt et aucta senescunt: animus incorruptus, aeternus, rector humani generis agit atque habet cuncta neque ipse habetur.
Schließlich existiert der Anfang so wie das Ende der Vozüge des Körpers und des Schicksals, alles Entstandene geht zugrunde und alle vergrößerten Dinge altern: der unverdorbene, unsterbliche Geist, der Lenker des Geschlechts der Menschen, führt und hält alles und er selbst wird nicht gehalten.  

Quo magis pravitas eorum admiranda est, qui, dediti corporis gaudiis, per luxum et ignaviam aetatem agunt, ceterum ingenium, quo neque melius neque amplius aliud in natura mortalium est, incultu atque socordia torpescere sinunt, cum praesertim tam multae variaeque sint artes animi, quibus summa claritudo paratur.
Deswegen muß deren Schlechtigkeit umso mehr bewundert werden, die, hingegeben den Genüßen des Körpers, in Überfluß und in Trägheit ihr Leben verbringen; die im Übrigen das Genie, im Vergleich zu welchem es nichts besseres oder weiteres in der Natur der Sterblichen gibt, durch Schmutz und Torheit erlahmen lassen, vor allem, weil die Künste des Geistes so viele und so verschieden sind, durch welche höchster Ruhm bereitet wird.

Freitag, 22. Juli 2011

Latein Sallust Übersetzung Bellum Iugurthinum - Kapitel 1 Der Krieg mit Jugurtha

 Dies ist meine Übersetzung von Latein ins Deutsch / lateinisch-deutsch von Sallust Bellum Iuguthinum Kapitel 1 der Krieg mit Jugurtha.
[1] Falso queritur de natura sua genus humanum, quod inbecilla atque aevi brevis forte potius quam virtute regatur. 
Zu Unrecht klagt das menschliche Geschlecht über seine Natur, daß sie schwach und kurzlebig eher durch Zufall als durch eigene Kraft gelenkt werde.

Nam contra reputando neque maius aliud neque praestabilius invenias magisque naturae industriam hominum quam vim aut tempus deesse. 
Denn im Gegenteil bei Überlegung könnte man weder etwas Größeres noch Vorzüglicheres finden, und daß der Natur mehr der Fleiß der Menschen fehlt als Kraft oder Zeit.

Sed dux atque imperator vitae mortalium animus est.

Aber Lenker und Leiter des Menschenlebens ist der Geist.


Qui ubi ad gloriam virtutis via grassatur, abunde pollens potensque et clarus est neque fortuna eget, quippe quae probitatem, industriam aliasque artis bonas neque dare neque eripere cuiquam potest. 
Und wo dieser auf dem Weg der Tüchtigkeit zum Ruhm schreitet, ist er mehr als genug mächtig, stark und berühmt und bedarf des Glückes nicht, das ja Anständigkeit, Fleiß und andere gute Eigenschaften weder jemandem geben noch nehmen kann.

Sin captus pravis cupidinibus ad inertiam et voluptates corporis pessum datus est, perniciosa libidine paulisper usus, ubi per socordiam vires tempus ingenium diffluxere, naturae infirmitas accusatur: suam quisque culpam auctores ad negotia transferunt.
Wenn er aber gefangen von bösen Leidenschaften zur Trägheit und sinnlichem Genuss hinabgesunken ist, und er eine kurze Zeit die verderbliche Lust genossen hat, wird, sobald durch Nachlässigkeit Kräfte, Zeit und Talent entschwunden sind, die Schwäche der Natur angeklagt: ein jeder Urheber schiebt seine Schuld trotz eigene Verantwortung auf die Verhältnisse.


Quod si hominibus bonarum rerum tanta cura esset, quanto studio aliena ac nihil profutura multaque etiam periculosa ac perniciosa petunt, neque regerentur magis quam regerent casus et eo magnitudinis procederent, ubi pro mortalibus gloria aeterni fierent.
Wenn also die Menschen so große Sorge um das Gute hätten, wie sie mit Eifer Wesensfremdes, Wertloses und vielfach auch Gefährliches und Verderbliches anstreben, würden sie weniger von ihrem Geschick beherrschen und zu solcher Größe gelangen, daß sie, soweit es für Sterbliche möglich ist, durch ihren Ruhm unsterblich würden.